Was hat ur-hessisches Käsehandwerk mit Cashewkernen und funkelnden Veganer-Augen zu tun?
Scheinbar eine ganze Menge. Seit ein paar Wochen geistern nämlich Bilder von einem veganen "kleinen Strolch"-Käse auf Cashewbasis durch's Internet und aus allen Ecken hört man, wie authentisch echt und lecker der Käse sein soll.
Als gebürtiger Lauterbacher macht mich das natürlich neugierig. Wie kann es sein, dass eine so traditionelle, heimatliche Marke auf einmal auf einer pflanzlichen Basis hergestellt werden soll? Zwei Welten, die ich in der Konstellation nicht zusammen erwartet hätte. Fangen wir am besten ganz weit vorne an:
Als ich noch klein war, war der kleine Strolch so ziemlich DER Käse, den es bei Omas zu Tisch gab. Zu jeder Brotzeit erzählte man mir, dass der kleine Strolch ja in Lauterbach seinen Strumpf verloren hatte und er immer 'ne Rolle Käse mit sich rum schleppte. Heute ist der kleine dicke Strumpfmacher nicht nur eine Käsemarke, sondern auch das Wahrzeichen von Lauterbach - der "Lauterbacher Strolch". Man sieht den Nackedei auf Bierflaschen, Postkarten, in Schaufenstern, … ja sogar auf einem Brunnen und als Statue neben den Schrittsteinen quer durch die Lauter.
Das Wahrzeichen wurde als Werbeikone der Molkereigenossenschaft Lauterbach-Fulda patentiert und war die Marke des ersten deutschen Camemberts. Die Molkerei wurde dann 1997 aufgekauft und die Produktion des "Strolchs" verlegt.
Nach vielen Fusionen, Verkäufen und weiterem Hin und Her blieb die Käsemarke in Händen des Käsewerks Neukirchen. Das Käsewerk wiederum wurde 2011 von der Upländer Bauernmolkerei aufgekauft und 2013 als insolvent gemeldet.
Kurze Zeit später wurde die insolvente Käserei von Tofutown (Soyatoo, Viana, Veggie-Life uvm.) aufgekauft, um " das Leckerste aus zwei Welten zu kombinieren" - sprich traditionelle Käserei via Fermentation auf Pflanzenbasis neu aufzusetzen.
Und seit dem wird kräftig getüftelt. Der "Come on Bert" hat quasi noch Beta-Status (die bisher verwendeten Cashews färben den Käse grau) und wird bisher nur in kleinen Chargen produziert. Das schlägt sich auch merkbar im Preis nieder. 100g sollen stolze 10 € kosten - also ein Kilopreis von 100 € (es gibt günstigeren Kaviar).
Nichts desto trotz ist der kleine Strolch unter den veganen Käseliebhabern schneller vergriffen als ein neues iPhone unter Applejüngern. Zu kaufen gibt es ihn momentan gar nicht. Wer ihn haben will, muss sich beim hauseigenen Onlineshop von Viana in einem Verteiler eintragen und wird benachrichtigt, sobald wieder eine Ladung produziert wurde. Wenn es so weit ist, heißt es schnell zuschlagen.
Die Rückmeldungen zu dem Käse sind durchweg positiv bis "UAAAhaAAaaH Wahnsinn!". Ich habe ihn leider noch nicht probieren können und hoffe darauf, dass er bald Marktreife erreicht und flächendeckend verfügbar ist; und das dann hoffentlich auch zu einem vernünftigeren Preis.
Falls hier jemand einen Produkttest dazu lesen möchte oder einfach in Gönnerstimmung ist: Meine Anschrift steht im Impressum ;-)
Bildquelle: Soyatoo!/Jérôme Eckmeier
Kommentare
von Ulla Gräter am Sonntag den 6. August 2017 um 6:35 Uhr
von Sandra am Mittwoch den 16. August 2017 um 14:07 Uhr
von Axel & Kerstin am Samstag den 2. September 2017 um 20:39 Uhr
von Ulrike am Dienstag den 5. September 2017 um 8:17 Uhr
von Katja Seipel-B... am Samstag den 4. November 2017 um 10:35 Uhr
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